Lohnsteigerungen vs. Konjunkturschwäche

US-Leitzinssenkung im September


Das gestern Abend veröffentlichte Protokoll der Fed-Sitzung von Ende Juli zeigt, dass bereits zu diesem Zeitpunkt mehrere Mitglieder eine Senkung der Leitzinsen in Betracht gezogen haben. Gestern wurde des Weiteren bekannt, dass es eine nachträgliche Korrektur der US-Beschäftigungszahlen geben wird. Nach vorläufigen Schätzungen wird die Anzahl der Beschäftigten für den Zeitraum der zwölf Monate bis zum März voraussichtlich um 818.000 nach unten korrigiert werden, was einer monatlichen Reduktion von etwa 68.000 Stellen entspricht. Diese Anpassung stellt die signifikanteste nach unten gerichtete Korrektur seit dem Jahr 2009 dar. Die Revision der Arbeitsmarktdaten werten wir als weiteres Argument für einen baldigen Beginn von Leitzinssenkungen in den USA. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wie stark die Leitzinssenkungen ausfallen werden. Der Terminmarkt preist derweil eine Lockerung um etwa 100 Basispunkte bis zum Ende des Jahres ein.

Hohe Lohnsteigerungen: Gefahr für Leitzinssenkung im September?


Das Wachstum der Löhne gilt derzeit als einer der stärksten Treiber der Inflation im Euroraum und wird deshalb von der EZB genau verfolgt. Mit einer Steigerungsrate der Tariflöhne von 4,7 % im ersten Quartal zeigt sich ein überdurchschnittlich starkes Wachstum, das die von der EZB angestrebte Inflationsrate von 2 % bei einem als kompatibel angesehenen Lohnwachstum von etwa 3 % deutlich übersteigt. Die heute von der EZB zu veröffentlich anstehenden Daten für das zweite Quartal könnten angesichts der weiterhin dynamischen Lohnentwicklung entscheidende Impulse für die Zinspolitik im September setzen. Christine Lagarde, Präsidentin der Notenbank, hat in diesem Zusammenhang die Zinsentscheidung im September als „weitgehend offen“ bezeichnet. Insbesondere die Lohnentwicklung wird von den Währungshütern als signifikanter Faktor für den Inflationstrend herausgestellt. Sollte das Lohnwachstum im zweiten Quartal deutlich näher an 4 % liegen, könnte dies den Währungshütern am 12. September den Anlass für eine weitere Zinssenkung geben. Positiv stimmende Lohndaten aus Frankreich liefern hierfür bereits erste Anzeichen. Im Gegensatz dazu weisen die bereits von der Bundesbank veröffentlichten Daten für Deutschland ein Ansteigen der Tarifverdienste im zweiten Quartal auf 4,2 % auf – ein spürbar stärkeres Wachstum im Vergleich zu den 3 % des ersten Quartals. Die Forderungen der Gewerkschaften für die bevorstehenden Tarifverhandlungen bleiben mit 7 bis 19 % zudem ambitioniert, getrieben auch durch eine hohe Streikbereitschaft aufgrund des Arbeitskräftemangels. Die Finanzmärkte haben auf Basis der Geldmarkt-Futures eine Zinssenkung der EZB um 25 Basispunkte im September nahezu vollständig antizipiert. Eine erneute Überraschung nach oben könnte jedoch erhebliche negative Konsequenzen für den europäischen Rentenmarkt nach sich ziehen.

Einkaufsmanagerindizes: Konjunkturschwäche setzt sich fort


Neben den Zahlen zur Lohnentwicklung stehen heute die Einkaufsmanagerindizes aus dem Euroraum und Deutschland auf dem ökonomischen Datenkalender. Diese geben Auskunft über die aktuelle Situation in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor. Wir erwarten keine Verbesserung. Im Dienstleistungssektor ist die Stimmung zwar etwas günstiger. Eine weitere Verbesserung sehen wir aber nicht. Per Saldo rechnen wir mit einer anhaltenden Stagnation der Wirtschaft in Deutschland (BIP 2024 +0,3 %) und einem nur geringen Wachstumstempo im Euroraum (BIP 2024 + 0,8 %).


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