Meinung weekly: Handelskrieg würde Finanzmärkte empfindlich treffen
Die Handelsstreitigkeiten schwelen derzeit vor sich hin. Sie könnten aber schnell wieder ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Denn US-Präsident Donald Trump hat damit gedroht, die bisherigen Zölle auf chinesische Importe im Volumen von 200 Mrd. US-Dollar von 10 auf 25 % zum Jahresanfang 2019 zu erhöhen und zusätzliche Importe mit Zöllen zu belegen. Das darf als Drohgebärde an die Chinesen gewertet werden, weiterreichende Zugeständnisse – insbesondere auf dem Feld der Aneignung fremder Technologien – zu machen. Am Freitag und Samstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der G20-Länder in Argentinien. Bei der Zusammenkunft soll es auch ein Spitzentreffen zwischen Trump und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping geben, bei dem die Handelsgespräche auf höchster Ebene wieder aufgenommen werden sollen. Zeitweise hatte zwischen den beiden Ländern Funkstille geherrscht.
Ob es bei dem Treffen zu einem Durchbruch bei den Handelsstreitigkeiten kommen wird, ist aber mehr als fraglich. Die letzten Signale von beiden Seiten deuten eher nicht darauf hin. Die Chinesen dürften aller Wahrscheinlichkeit nach für die Amerikaner nicht genügend nachgeben, sodass die Erhöhung von Zollsätzen und neue Zölle zu erwarten sind. Allem Anschein nach hat die USA mit China eine strategische Schwächung im Sinn und ist nicht an einer schnellen Beilegung des Handelskonfliktes interessiert. Entsprechend könnte der Jahresauftakt 2019 von neuen Zöllen begleitet sein.
Noch handelt es sich in erster Linie um einen bilateralen Konflikt zwischen den USA und China, sodass sich die Auswirkungen für die Weltwirtschaft in Grenzen halten und es bislang an den Finanzmärkten nur in einzelnen Marktsegmenten Reaktionen darauf gegeben hat. Sollte sich dieser Konflikt jedoch zu einem regelrechten Handelskrieg alle gegen alle entwickeln, dürften die sich daraus ergebenden konjunkturellen Implikationen beachtlich sein. Das ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Performance der Finanzmärkte.
Nach einer Analyse aus dem neuen halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht der EZB könnte ein solcher weltweiter Handelskrieg zu einem erheblichen Anstieg der Risikoprämien an den Finanzmärkten und stark fallenden Aktien- und Vermögenspreisen führen. Das gelte nicht zuletzt auch für die Eurozone. In der Währungsunion würden die Aktienkurse nach der Schätzung der EZB um 15 % fallen und sich die Spreads für Unternehmensanleihen im ersten Jahr um 150 Bp ausweiten. In den USA wären die Konsequenzen nach Meinung der Notenbanker nicht ganz so gravierend. Hier würden die Aktienkurse um 10 % sinken und sich die Spreads für Unternehmensanleihen im ersten Jahr um 100 Bp erhöhen.
Bei einem weltweiten Handelskrieg gibt es direkte und indirekte Effekte. Zu den direkten Effekten gehören höhere Kosten für Unternehmen, niedrigere Unternehmensgewinne und steigende Finanzierungskosten für Firmen. Größere Unsicherheit, eine sich verschlechternde Stimmung und sinkendes Vertrauen internationaler Investoren sind den indirekten Effekten zuzuordnen.
Nicht nur mehr Protektionismus in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China stehen zur Disposition. Auch zwischen den USA und der EU wird erneut über höhere Zölle auf europäische Autoimporte diskutiert – möglicherweise könnten diese sogar kurzfristig angekündigt werden. Die Gefahr eines global angelegten Handelskrieges ist durchaus real. Das sollte sich die US-Regierung allerdings gut überlegen. An Turbulenzen an den Finanzmärkten dürfte die Trump-Administration kein Interesse haben.