Zinsen weekly: Renditen auf dem Rückzug. Naht eine inverse US-Zinsstruktur?
Der Rentenmarkt hat zuletzt auf beiden Seiten des Atlantiks spürbaren Aufwind erfahren und das trotz des Waffenstillstands zwischen den USA und China im Handelsstreit. US-Präsident Donald Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping hatten sich am Rande des G20-Gipfels in Argentinien getroffen und vereinbart, innerhalb von 90 Tage keine neuen Zölle einzuführen (USA) und mehr Importe abzunehmen (China). In diesem Zeitraum sollten die strittigen Fragen in den Handelsbeziehungen geklärt werden. Doch im Nachhinein fielen die Erklärungen beider Länder zu der Vereinbarung recht unterschiedlich aus, was die Märkte negativ quittierten. Noch mehr dürfte zu dem Renditerückgang allerdings beigetragen haben, dass die Markteilnehmer ihre Erwartungen mit der letzten Rede von Fed-Präsident Jerome Powell an weitere Zinsanhebungen der Notenbank gedrosselt haben und auch eine vorsichtige Vorgehensweise der EZB bei der geldpolitischen Normalisierung antizipieren. So sind die zehnjährigen Bund-Renditen erneut unter die Schwelle von 0,30 % gefallen, ihre US-Pendants rentieren wieder unter der wichtigen Marke von 3 %. Insbesondere das lange Ende der Zinskurve konnte profitieren, womit sich die US-Zinsstrukturkurve (10-2-Jahre) bis auf 12 Bp verflacht hat. Im Vergleich der kürzeren Laufzeiten (5-2-Jahre) war sogar schon eine Inversion der Zinsstruktur zu beobachten. Eine Inversion der Zinskurve 10-2 Jahre ist angesichts der neuen Positionierung der Fed kurzfristig möglich – schneller, als wir das ursprünglich gedacht hatten.
In der kommenden Woche gibt es zwei Hauptereignisse. Auf der einen Seite ist das die Abstimmung über das Brexit-Abkommen am 11. Dezember im britischen Parlament und die Zinssitzung der EZB am 13. Dezember. Für die Abstimmung im britischen Unterhaus gibt es eine signifikante Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Abkommen dort durchfällt. Das wäre noch nicht das Ende der Welt, da eine zweite Abstimmung im Parlament mit kosmetischen Änderungen am Vertragswerk möglich wäre. Oder aber das Vereinigte Königreich macht den Antrag auf das Verlassen der EU nach Artikel 50 der EU-Verträge wieder rückgängig, was nach Aussage des Europäischen Gerichtshofs vom Vereinigten Königreich einseitig beschlossen werden kann und dem die anderen EU-Länder nicht einstimmig zustimmen müssen. Nichtsdestotrotz nähert man sich mit einer Ablehnung des Vertrages einem ungeordneten Brexit, denn das Risiko steigt, dass man bei Plan B in Zeitnot gerät.
Die EZB dürfte auf ihrer Zinssitzung offiziell das Ende ihrer Nettoanleihekäufe zum Jahresende verkünden. Das bedeutet, ab Jahresanfang 2019 werden nur noch Fälligkeiten von im Rahmen ihres Anleiheankaufprogrammes erworbenen Schuldtiteln am Kapitalmarkt reinvestiert. Ein Enddatum für die Reinvestitionen dürfte die EZB im Dezember noch nicht bekannt geben, sondern diese erst einmal für unbegrenzte Zeit laufen lassen. Die zunehmenden Konjunkturrisiken für die Eurozone wird die Notenbank noch nicht zu hoch gewichten wollen, um die Normalisierung ihrer Geldpolitik nicht verfrüht zu gefährden. Unseres Erachtens sollten die Währungshüter daher zunächst noch ihre forward guidance für die erste Zinsanhebung bei nicht vor „Ende Sommer 2019“ belassen. Ansonsten dürften die Marktteilnehmer den US-Arbeitsmarktbericht für November am Freitag (7.12.) sowie die Entwicklung des Handelsstreits und die Krise in Italien aufmerksam verfolgen.
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