21.04.2020 09:00
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Krisen-Bewährungsprobe: ETF-Handel bei hoher Volatilität

Krisen-Bewährungsprobe: ETF-Handel bei hoher Volatilität



Ein Kommentar von Vanguard Head of Product Specialists Mark Fitzgerald (Produktmanagement Europa) und Senior ETF Product Specialist Nusrath Hussain.

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Die vergangenen Wochen waren alles andere als Routine. Weltweite Lockdowns, beispiellose Konjunkturpakete und ein sprunghafter Anstieg der Volatilität wurden zur neuen Normalität in einer Phase größter Ungewissheit – nicht zuletzt am europäischen ETF-Markt.

Das ETF-Handelsvolumen ist im vergangenen Monat explodiert und hat am 20. März seinen Höhepunkt erreicht. An Spitzentagen überstieg das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen (ADV) aller in Europa gehandelten Vanguard UCITS ETFs das Normalniveau um das Zweieinhalbfache.

Insgesamt zogen Anleger im März rund 24 Milliarden Dollar aus europäischen ETFs ab, wovon Aktien- und Anleihefonds in etwa gleichstark betroffen waren. Seitdem haben die Mittelabflüsse jedoch abgenommen. Bei Vanguard haben sich Käufe und Verkäufe in etwa die Waage gehalten.

Wir blicken zurück auf einen der volatilsten Monate in der Geschichte der europäischen ETF-Industrie und wollen überprüfen, wie sich Liquidität und Preisfindung der Fonds in diesem Marktumfeld gehalten haben. Da der Handel der Basiswerte bei Anleihefonds weniger transparent und daher komplizierter ist als bei Aktien, konzentrieren wir uns in unserer Analyse auf diese Assetklasse.

ETF-Handel unter erschwerten Bedingungen: Preisfindung

Am März erreichte die Volatilität an den Märkten ihren Höhepunkt; zahlreiche Anleger verkauften ihre Anleihe-ETFs, Anleihen mit sehr kurzer Laufzeit (unter einem Jahr) fanden jedoch weiterhin Abnehmer, da Anleger für höhere Liquidität auch höhere Preise in Kauf nahmen. Anfang April floss zudem Geld in Corporate Bond-ETFs (USD, EUR und GBP).

Anleihe-ETFs sind tendenziell liquider und werden häufiger gehandelt als die Anleihen, in die sie investieren. Wie sich an den Kursen ablesen lässt, erreichen Veränderungen im Marktumfeld diese ETFs in der Regel schneller als ihre Basiswerte. Daher kann es zu Abweichungen zwischen dem Preis eines ETF und seinem Nettoinventarwert (NAV) kommen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Nettoinventarwert der Fonds zu Handelsschluss der Rentenmärkte berechnet wird, wenn der entsprechende ETF bereits nicht mehr gehandelt wird. Insofern besteht eine natürliche Zeitdifferenz zwischen dem Schlusskurs des ETF und der Feststellung seines NAV.

In einem normalen Marktumfeld liegen beide Werte relativ nahe beieinander, die Handelsbedingungen im März waren jedoch nicht normal. Um sich davon zu überzeugen, genügt ein Blick auf die Rentenmärkte, wo der Handel in vielen Fällen vollständig zum Stillstand kam. Um ihre Fondsanteile auch in den illiquidesten Segmenten der Rentenmärkte verkaufen zu können, nahmen einige Anleger überdurchschnittlich hohe Preisabschläge (Spreads) in Kauf. Doch sie konnten, wenn sie es denn wollten, ihre Anteile verkaufen, denn für die Abwicklung ihrer Transaktionen fanden sie weiterhin Liquidität. Ein ganz anderes Bild boten dagegen die Rentenmärkte, wo Anleger ihre Anleihen mangels Liquidität in manchen Fällen gar nicht mehr handeln konnten.

Funktionierender Handel am Sekundärmarkt

Um Anteile an herkömmlichen Fonds zu kaufen (oder zu verkaufen), wenden sich Anleger direkt an den Fondsanbieter. Der ETF-Handel besteht im Gegensatz dazu aus zwei Ebenen: Einerseits werden am Primärmarkt ETF-Anteile von autorisierten Marktteilnehmern geschaffen, die diese auch zurücknehmen und bei dem Fondsmanager gegen den Wertpapierkorb des ETF eintauschen können. Die zweite und vielen Anleger vielleicht vertrautere Ebene ist der Handel am Sekundärmarkt, wo Marktteilnehmer ETF-Anteile untereinander handeln. Market Maker sorgen für Liquidität, sodass ETFs im Wesentlichen wie Aktien an der Börse ge- und verkauft werden können. Diese Sekundärmarkttransaktionen haben keinerlei Auswirkungen auf die Basiswerte des Fonds.

Besonders wichtig ist diese zweite Liquiditätsquelle bei hoher Volatilität und in Stressphasen, wenn sich ein größerer Teil des Handels auf den Sekundärmarkt verlagert (wo die meisten Anleger sind) und der Handel am Primärmarkt zurückgeht (wo nur wenige Teilnehmer zugelassen sind). Genau das haben wir während der Krise beobachtet.

Vor allem dank der höheren Handelsvolumen haben sich ETFs zu den Spitzenzeiten des volatilen Marktumfelds im März als effiziente „Stoßdämpfer“ für die Rentenmärkte erwiesen.

Wer handeln musste, konnte sich auf ETFs verlassen

ETFs entstanden nach dem Börsencrash des Jahres 1987 und waren als zweite Liquiditätsquelle für die Basiswerte gedacht. Genau diese Funktion haben sie im März erfüllt.

Da das Handelsvolumen am Sekundärmarkt explodierte, fanden Käufer und Verkäufer von ETF-Anteilen stets eine Gegenpartei für ihre Transaktion. Vollkommen „normal“ war der Handel vielleicht nicht, aber zweifellos geordneter als in einigen anderen Märkten. Die Ereignisse im März lassen erkennen, dass man mit ETFs auch unter schwierigsten Bedingungen handeln kann.

Wegen der höheren Kosten sollten Anleger jedoch stets genau abwägen, ob sie in volatilen Phasen unbedingt handeln müssen. Wie sich in den vergangenen Wochen gezeigt hat, sind Disziplin und ein langfristiger Plan heute wichtiger denn je.



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